TW 6000 in Houten
Am 31. August 2000 war es so weit: der erste jener Wagen, die Hannovers Stadtbahn zweieinhalb Jahrzehnte charakterisierten, verließ seine Heimat. Am 2. September kam Tw 6021 in Den Haag an, wo er umgebaut wurde, Probefahrten unternahm und dann am 3. Januar 2001 auf seine Strecke, die 1900 Meter lange Verbindung Houten-Houten Castellum verbracht wurde.
Castellum ist ein Neubaugebiet im Süden von Houten, einer Kleinstadt in der Nähe von Utrecht. Die Strecke liegt unmittelbar neben den Gleisen der NS (Nederlandse Spoorwegen) und gehört auch dieser, wird aber vom Haager Straßenbahnunternehmen betrieben. (Mehr dazu unter www.haagsetrams.com in Niederländisch und Englisch.)
Die Strecke ist anfangs noch ein Provisorium: nicht richtig gestopft und mit 600&nbso;V betrieben. Letzteres führte dazu, dass der nachts im Freien stehende 6021 eines Tages mit Graffiti derart verschmiert war, dass nicht einmal mehr der Fahrer hinaussehen konnte. Der am 5. Februar abgegangene Tw 6016 wurde vorher in Hannover umlackiert und erhält in Den Haag Umformer, um auf den 1500 V Gleichspannung der NS fahren zu können. Er löst vorerst den 6021 ab, der daraufhin seinerseits umgebaut wird. Beide Fahrzeuge können dann nach Betriebsschluss nach Utrecht gefahren und dort abgestellt werden.
Da die Stadtbahn parallel zur Eisenbahn Utrecht-Den Bosch verläuft, die in der Mitte der Niederlande eine wichtige Nord-Süd-Verbindung darstellt, ist hier einiges zu sehen. Selbst an einem Sonntag rollt alle paar Minuten ein Zug in jede Richtung, viele davon halten im Haltepunkt Houten und werden auch gut genutzt. Hier zum Beispiel ein ICM, der auch Koploper genannt wird. Der hohe Führerstand macht ihn dem Vt 11,5 (BR 601) der DB ähnlich, seine Besonderheit ist aber die Klappe an der Front, die erlaubt, dass gekuppelte Züge voll durchgängig sind.
Diese Doppelstock-Garnitur ist ein DD-IRM.
Auf Gleis 3 des Haltepunkts Houten steht "unser" 6021 und wartet auf Fahrgäste. Da die Strecke einerseits recht kurz ist, andererseits aber für die derzeitige Wohnbebauung überwiegend zu lang, finden sich in am Sonntagvormittag in der Regel wohl nur wenige Fahrgäste ein. Das Angebot soll anscheinend sowohl den Anwohnern als auch der NS Lust auf mehr machen.
Dazu passt auch, dass im ganzen Jahr 2001 die einfache Fahrt für drei Gulden (ca. 2,70 DM) für Hin- und Rückfahrt anerkannt wird.
Innen fällt ebenso wie außen die peppige Farbgebung auf ...
... was besonders für die Stoffbezüge (!) der Sitze gilt.
Sogar die Sockel haben unterschiedliche Farben. Ansonsten ähneln die Wagen immer noch unseren, Verteiler für Faltblätter und keine Entwerter (gar keine). Nur auf der Notbremse steht "Noodrem"
Nach kurzer - wegen des offenbar noch nicht endgültig fertiggestellten Oberbaus etwas ruckeliger - Fahrt rollt die Stadtbahn an den Bahnsteig von Houten-Castellum. Die NS ging auf Nummer sicher und hat im Bereich vor den Prellböcken jeder Seite die auch aus Hannover bekannten IMU-Koppelspulen verlegt, die die zulässige Geschwindigkeit stufenweise verringern. Zudem hat man die Bremswirkung der Überwachung auf maximal umgestellt.
Kurz vor dem Endpunkt steht eine fotofreundliche Behelfsbrücke, im Hintergrund eine imposante Kanalbrücke, die den Fernverkehr vernehmlich ankündigt.
Von den unterschiedlich lackierten Türen scheinen die hellgrünen uns noch am vertrautesten zu sein. Gegenüberliegende Türen sind übrigens in der gleichen Farbe gehalten, die einer Seite sind alle unterschiedlich:
Der Vorteil für den gemeinen Bahnfan (Transportus vulgaris) liegt auf der Hand: man kann auch auf relativ unscharfen Bildern erkennen, ob das Fahrzeug irgendwann mal gedreht wurde. Denn da beide Enden stumpf sind, stand anfangs das b-Ende in Richtung Houten (Norden), das a-Ende in Richtung Castellum. Nebenbei sollte bemerkt werden, dass beide Bahnsteige auf der gleichen Seite liegen, die Türen der anderen Seite sind verschlossen.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal sind die Außenspiegel. Am a-Ende gibt es einen linken Spiegel, am b-Ende einen rechten. Der 6016 scheint hingegen einen zusätzlichen linken Spiegel zu bekommen und den anderen am gleichen Kopf zu behalten.
Das gibt's bei uns kaum auf der Messestrecke: doppelte Fahrleitung. Aber bei einer Eisenbahn, die bis hin zu schweren Güterzügen und dem ICE3 alles auf 1,5 kV fahren muss, ist das Standard.
Auf dem Weg nach Houten (im Hintergrund) passiert der 6021 auch die Überleitstelle, an der zukünftig auf das NS-Netz gewechselt werden kann. Bei Aufnahme des Betriebes sorgten gro&azlig;e Warnschilder dafür, dass nicht jemand 1500 und 600 V verwechselt.
Hier passiert 6021 gerade die Weiche in der Hauptstrecke.
Und hier ist 618B, die einzige Weiche des Houtener Stadtbahnnetzes. Nach der Bezeichnung zu urteilen, scheint sie mit der im Hauptgleis gekuppelt zu sein.
Ob Familie van Wijk auf einen guten Erlös beim Verkauf ihres Grundstücks hofft, ist mir nicht bekannt, aber nett ist der Wunsch auf jeden Fall und ein Fotomotiv sowieso.
In Hannover wird die Stadtbahn nicht so unmittelbar von der Eisenbahn überholt. Die Fahrerkabine ist weitgehend die alte, allerdings gibt es ein NS-taugliches Funkgerät und an der Tür hängt ein Feuerlöscher.
Voilà: Ein komplettes Stadtbahnsystem auf einem Foto. Vorne Houten, im Hintergrund steht Tw 6021 in Castellum am Bahnsteig. Rechts ein NS-Signal auf Halt mit L-Anzeige. Letzteres gehört zu einer besonderen Signalisierung für schwere Güterzüge und bedeutet, dass diese am nächsten ein H zeigenden Signal zum Stehen kommen müssen.
Zum Abschied hier noch mal ein Bild von der Verbindung zwischen den Bahnsteigen der Gleise 2 und 3 mit den Entwertern und 6021.
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