Bei dieser Überschrift stellen sich zwei Fragen
INESS ist zunächst einmal ein Projekt der Europäischen Eisenbahnagentur (European Railway Agency), kurz ERA. Ziel war es, mit einem "europäischen Stellwerk" Kosten zu sparen. INESS steht dabei für INtegrated European Signalling System. Ebenso sollte die Einsparung die Migration auf (ERTMS/)ETCS forcieren.
Das Projekt teilte sich in mehrere Arbeitsgruppen auf, so die Betrachtung der Kostenseite, der Funktionen, des Sicherheitsnachweises und der Schnittstellen.
Teilnehmer waren (leider nur) sechs der europäischen Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen …
… sowie herstellerseitig die Vollmitglieder der UNISIG, Universitäten und weitere Teilnehmer. Das ganze lief unter der Organisation der Union internationale des chemins de fer (UIC).
Für unser Thema ist letztlich nur interessant, dass es dabei den Workstream D.3.2 – ERTMS compliant functional requirements and functional interfaces gab, der das "Europa-Stellwerk" mit ETCS-Unterstützung ausgerüstet hat. Enthalten sind darin sowohl funktionale Anforderungen an das Stellwerk als auch Schnittstelleninformationen (Bedienplatz, RBC, Außenanlage). Die technische Spezifikation der Schnittstelle im Sinne von Bits, Bytes und Protokollen gehörte nicht dazu (das hat ein anderes Teilprojekt gemacht, was wieder mal zu Inkonsistenzen geführt hat).
Spannend ist dabei, dass zum Arbeitsumfang auch nicht die Definition von Funktionalität im RBC gehörte. Soweit diese unbedingt bekannt sein muss, um Interaktionen mit dem Stellwerk festlegen zu können (z. B. kooperative Fahrstraßenrücknahme), wurde sie lediglich als Annahme festgehalten.
Was ist dabei rausgekommen? Nun, erst einmal war es nicht möglich, jede landesspezifische Funktionalität zu streichen. Letztlich sind die Betriebsverfahren und Philosophien (das Wort habe ich schon einmal benutzt …) wohl zu inkompatibel. Und das, obwohl solche Themen wie die Signalbegriffe und wie sie ermittelt werden bereits ausgeklammert waren.
Ob es also wirklich einmal eine Serie von INESS-Stellwerken geben wird, ist relativ unklar. Herausgekommen ist allerdings auch eine Spezifikation für die Schnittstelle zwischen Stellwerk und RBC. Nein: Zwei, denn bezüglich des Protokolls gingen die Interessen der Beteiligten so weit auseinander, dass ohne diesen Kompromiss gar kein Ergebnis erzielt worden wäre.
Mehr gibt es zu dem Thema an dieser Stelle aber nicht. Die Ergebnisse sollen zwar aus Sicht der ERA/EU verbreitet werden, aber die Rechte an den Ergebnissen liegen beim Konsortium. Den Herstellern liegt natürlich wenig daran, Known-How an mögliche Konkurrenten zu geben, und auch die Bahnen haben über konzerninterne Beratungsfirmen teilweise wirtschaftliche Interessen daran, einen Informationsabfluss zu verhindern.
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