Eisenbahn und mehr in China

Logo der Chinese Railways

Ni hao!

China, das Reich der Mitte, gehört für Europäer immer noch zu den exotischen Zielen. Und die meisten von denen, die dorthin reisen, machen eine gut geführte Pauschalreise. Bei mir war's etwas anders. Schon seit meiner Bewerbung wusste ich, dass ich zumindest in der ersten Zeit an "China" arbeiten würde. Zwar liefen die Stellwerke in Fuyang (Pressemitteilung) schon seit zwei Jahren, aber einige Änderungen waren noch gewünscht.

Im März 2001 kamen dann vier Herren aus China und nahmen an der Testanlage im Systemtestzentrum Braunschweig die geänderte Software ab. Die Reise nach China wurde geplant: Ein Kollege aus der Montage, der beim Bau der Stellwerke weit mehr als ein Jahr vor Ort verbracht hat und sich somit auskennt, und ich, der sonst vermutlich nicht mal den Weg aus dem Flughafen Peking gefunden hätte.

Am 5. Mai saß ich dann im Flieger Hannover-Frankfurt und genoss mit einem von einer 101 geschobenen IC bei der Einfahrt nach Wunstorf noch einen letzten Blick auf deutsche Bahnen aus ungewohnter Perspektive. In Frankfurt schaffte es der Kollege (aus Berlin anreisend) gerade noch so eben zu unserem Flug nach Peking.

Trotz einiger Verspätung beim Start kamen wir dort dank Rückenwind pünktlich an. Peking Flughafen, das ist PEK. Ich will von nun an aber die offizielle Schreibweise Beijing nutzen. Mit dem Taxi zum Hotel, dann zum Geldautomaten. Ein Stück vom Hotel entfernt gab's einen Supermarkt, in dem wir Verpflegung für die nächste Zeit organisierten, ebenso direkt gegenüber vom Hotel noch zusätzliche Kleidung (aber keine "Markenuhren", die es wie so viele "Markenartikel" sehr preiswert gab). Abends gönnten wir uns ganz touristisch-dekadent ein Abendessen in der deutschen Gaststätte eines deutschen Hotels, beschattet von weiß-blauen Schirmen, untermalt von den Klängen einer österreichischen Trachtenkapelle und mit hausgebrautem Maibock (was weder zu Bayern noch zu Österreich passt).

Den Montag verbrachten wir vor allem im Büro sowie im Lagerhaus, wo seit 1998 die Werkzeuge und Materialien eingelagert waren. Am Spätabend saßen wir dann mit einem chinesischen Kollegen in der Lounge für "Soft"-Fahrgäste in Beijing West Station und ließen uns mit kaltem Bier auf Ledersesseln die Wartezeit auf den Zug nach Fuyang versüßen.

Da waren wir also. Ein klimatisierter Schlafwagen der chinesischen Staatsbahn, in der "weichen" Klasse mit Vierbettabteilen. Die "Hard Sleeper" haben Sechsbettabteile. Sanft in den Schlaf geschaukelt, verbrachten wir die Nacht. Und ja, auch wir Europäer passten ganz annehmbar in die Betten. Morgens dann Blick aus dem Fenster im Gang. Draußen zog eine Landschaft vorbei, die meistens so etwa dem entsprach, was ich mir unter China vorgestellt hatte: Große Flächen, hier und da eine Baumreihe und kleine Häuser. An der Strecke tauchten auf etlichen Kilometern an jeder Weiche Trupps von mindestens 20 Mann auf, teilweise lagen schon neue Weichen bereit. Wir erfuhren später, dass das MOR die Strecke weiter beschleunigen will und neue Weichen mit geringerem Radius und besserem Verschluss einbaut. Die Wagen sind mit 120 km/h beschriftet, und dank der überall aufgestellten Kilometersteine (plus an jeder nicht ganz kleinen Brücke noch einer) kann ich das auch bestätigen. Ziemlich genau 850 km und zehn Stunden hinter Beijing dann unser Ziel: Fuyang in der Provinz Anhui. (Es gibt noch mehrere kleinere Fuyang in anderen Provinzen.) Wir bezogen zwei Zimmer im 15. Stock eines recht neuen Hotels.

Am 30. Mai fuhren wir dann fast einen ganzen Tag in einem samt Fahrer und Beifahrerin gemieteten Delica-Kleinbus über die Landstraßen nach Wuhan, wo wir beim Abendessen und anschließend im Hotel noch eine Besprechung mit dem Design Institute des MOR hatten, um einige Fragen hinsichtlich der Verkabelung zu klären.

Einen Tag später gab es beim Frühstück den Schock: am Nachbartisch, im sich drehenden Panoramarestaurant im 27. Stock, saßen Deutsche :-) Kurz darauf standen wir auf dem Wuhan Tianhe Airport, ließen einiges an Bargeld zurück, weil das Übergepäck (der Kollege hatte Werkzeug aus Deutschland im Koffer) nicht mit Kreditkarte bezahlt werden konnte, und flogen nach Beijing. Nach einem Besuch im Büro und dem Abliefern der Koffer im Hotel konnte ich dann den einzigen wirklich touristischen Höhepunkt der Reise mitnehmen: die Verbotene Stadt. Abendessen in "Bauernstube German Restaurant" im Hotel, zwar eher wie ein Jagdzimmer als eine Bauernstube dekoriert, aber der Kellner verstand (oder erahnte) sogar die auf deutsch hingeworfene Bemerkung "Zwei dunkle Weizen!".

Am 1. Juni startete der Jumbo nach Frankfurt wieder einmal 20-30 Minuten verspätet, aber auch hier war uns der Wind treu, und gut 20 Minuten vor geplanter Ankunftszeit setzten wir auf. Doch während mein Kollege bald nach Berlin abjettete, hatte ich einen schlechten Anschluss, und als die Maschine endlich am Gate anrollte, kamen erst die Techniker. Nachdem die ganzen Passagiere dreimal das Gate gewechselt hatte, und in einem anderen Flieger saßen, stellte sich heraus, dass die eigentlich vorgesehene Maschine wegen Vogelschlages zur Inspektion musste. Aber in fünf Minuten ginge es los. Kaum hatte der Pilot ausgesprochen, so knarrte es unter mir. Die Ladeluke war doch schon zu?! Die nächste Meldung: Man habe aus Versehen das Gepäck eines Passagiers eingeladen, der auf der Warteliste stehe, aber keinen Platz mehr bekommen habe. Recht spät sah ich so wieder einmal das Steinhuder Meer von oben. Zum Glück wollte niemand mein Gepäck durchsuchen, so dass ich die nur Minuten später fahrende S-Bahn erwischte. Zuhause. Und sehr viele Dias im Gepäck.

Durch meinen Umzug nach Wolfenbüttel später als erwartet, Anfang November 2001 war ich zwar immer noch nicht mit Rahmen, aber endlich mit Scannen fertig. Der Bau der Homepage China begann. Doch bevor sie ans Netz gehen konnte, saßen wir am 2. April 2002 (Dienstag nach Ostern) wieder im Flugzeug Richtung China.

Diesmal ging der Flug leider nicht direkt von Frankfurt aus nach Beijing, sondern nach Hong Kong, fast zwei Stunden mehr Flugzeit (12:15). Nach einigem Aufenthalt dort (großer Flughafen, aber erstaunlich leer) folgten weitere 3:40 Flug nach Beijing, wo wir von einem Fahrer der Firma erwartet wurden. Noch am gleichen Abend ging es per Bahn nach Fuyang, ab 20:30, an gegen 6 Uhr.

Nach zwei Wochen Arbeit reisten wir an einem Freitagabend wieder per Nachtzug von Fuyang (21:45) nach Beijing zurück. Eine Gelegenheit, am Wochenende zumindest ein paar touristische Punkte zu erledigen. Im Hotel sonst wenig neues, nur das deutsche Restaurant hatte dicht. Der Thailänder war dafür mit zwei neuen thailändischen Köchen versehen, und der Mexikaner-Texaner brachte uns den ungewöhnlichen Anblick von Chinesinnen mit Cowboystiefeln, -hüten, karierten Hemden und Ranger-Sternen auf der Brust. Dazu noch Steaks und Salat sowie beiderlei Musik (Country und Western), die allein zwar keine China-Reise, aber einen Besuch wert war.

Der Montag wurde im Büro verbracht, Dienstag fuhren wir morgens zum Arbeiten nach Huairou (wo 1999 ein weiteres Stellwerk in Betrieb genommen wurde) und nach getaner Arbeit noch schnell an die Mauer. Nach der Rückkehr von dort blieb uns kaum Zeit zum Duschen, bevor wir zum Flughafen mussten, um die Maschine nach Hong Kong zu erreichen. Von da ging es nach Frankfurt, und für mich nach Hannover, Braunschweig und Wolfenbüttel.

Nun, schon gar nicht mehr mit China beschäftigt, habe ich zumindest noch meine Erinnerungen und die Bilder zu deren Unterstützung. Für alle, die daran Interesse haben:

Viel Vergnügen!


Mahlzeit!


Anmerkung: Ich habe einige der Bilder mehreren Themen zuordnen können, so dass die gleichen Namen auf verschiedenen Seiten auftauchen. Da ich 2001 nur meine "Kompakte" dabei hatte, die im Gegensatz zur richtig bedienten Spiegelreflexkamera nicht alle Lichtverhältnisse meistert und hinsichtlich Lichtstärke und Autofokus (manuell geht ja sowieso nicht) keineswegs mit ihr konkurrieren kann, ist die Qualität leider manchmal etwas flau (bei den SRH/SRS-Bildern). 2002 war ich bereits digitalisiert, zwar auch nur kompakt, aber immerhin sind die damit gemachten Bilder besser als geknipst und mit meinem Einfach-Scanner digitalisiert. Weil ich im Netz noch nichts gefunden habe, was mir das Wasser reichen könnte (jedenfalls nicht auf Deutsch, auf Englisch gibt es ein paar Sachen), bin ich jedoch so frei und biete alles an.

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