Die Chiem-Namen werden in der Regel auf den Ort Chieming am Ostufer des Chiemsees und dieser
wiederum auf den Grafen Chiemo zurückgeführt. Besagter Chiemo soll im 7. oder 8.
Jahrhundert ein Gaugraf gewesen sein, konnte aber bis heute nicht durch schriftliche
Nachweise bestätigt werden. Etymologisch könnte Chiemo westfränkisch sein,
auch als Cheimo genutzt, verwandt mit ostfränkisch Heimo, das im
Laufe der Zeit letztlich zum heutigen Heino oder Heinrich gewandelt wurde.
Historisch belegt ist aus der genannten Zeit lediglich ein Karantanenfürst Cheitmar, der
für die Missionierung des heutigen Kärnten gesorgt hat.
Es ist auch möglich, dass Chiem tatsächlich auf Kien beruht, also auf Kiefern
verweist.
Wie dem aber auch sei, das Chiemgau reicht im Westen an sich nur bis zum Inntal, wobei dieses
schon nicht mehr dazu gezählt wird. Der Samerberg und Rohrdorf werden in der Regel
sowohl zum Chiemgau als auch zum Inntal bzw. zum Rosenheimer Land gezählt.
Fakt ist außerdem, dass das Chiemgau später in der Tat von "Chiemgaugrafen"
beherrscht wurde, die allerdings zumeist von außerhalb kamen. Das Chiemgau war weltlich
den Herzögen von Bayern, geistlich aber den Fürsterzbischöfen von Salzburg
unterstellt. Da letztere auch Grundbesitz im Chiemgau hatten, war die Situation bis 1803
(als Napoleon die Herrschaftsverhältnisse in Europa umkrempelte) recht gespalten.
Die Gemeinde Samerberg gehört zum Kreis Rosenheim. Der Name kommt von Rössern, die Lastkähne auf dem Inn zogen, jedenfalls vielleicht. Es gibt mehrere plausible, aber doch ganz verschiedene Möglichkeiten:
Quelle: ⇒ Wikipedia
Sicher ist, dass bereits 15 v. Chr. die Römer ein Lager gründeten: Pons Aeni. Der
Name "Innbrücke" ist nicht weiter aufregend, das Lager lag etwa 5 km nördlich des
heutigen Stadtzentrums an den Handelswegen zwischen Brenner und Castra Regina (Regensburg) bzw.
Iuvavum (Salzburg) nach Augusta Vindelicum (Augsburg).
453 wurde zum ersten Mal über die Innschifffahrt berichtet.
1328 erhielt Rosenheim dann das Marktrecht und am 15. September 1864 durch König
Ludwig II das Stadtrecht.
Quelle: ⇒ Stadtarchiv
Beim Samerberg ist die Etymologie wesentlich einfacher. Der Name kommt eindeutig von den Säumtieren, die Güter über das Gebirge trugen. Neben den vier Hauptorten und vor dem 1. Januar 1970 eigenständigen Gemeinden Törwang, Steinkirchen, Grainbach und Roßholzen gibt es noch etliche kleinere Orte und Höfe, insgesamt über 70 verschiedene Namen verteilen sich auf 33,39 Quadratkilometer. Schon von etwa 1165 ist der Name "Rossoltesperge" überliefert, was etwas nach Rossholzen klingt, und noch 1667 wurde der "Rossersberg" erwähnt. Erst eine Aufzeichnung von 1748 nennt den "Sammerberg". Herkunft des alten Namens ist also eigentlich der Personenname Rossolt, der später mit dem Ross gleichgesetzt wurde und dann in das österreichische "samen" (Deutsch: säumen) überging.
Hintergrund: Arno und die Notitia Arnonis
Hier sollte man vielleicht erwähnen, dass eine wesentliche Quelle für
alte Ortsnamen in dieser Region die Notitia Arnonis ist. Die auch Indiculus Arnonis
oder Congestum Arnonis genannte Werk ist ein Verzeichnis der Liegenschaften der
Erzdiözese Salzburg, erstellt von Arn(o) von Salzburg um 790. Arn (von Adler) kam
aus Isen bei Erding, gehörte zum Uraldel der Faganer, wurde in Freising erzogen und
später zunächst Benediktinermönch und Abt in Elno (heute Saint-Amand-les-Eaux,
Nordfrankreich), dann ab 785 Bischof von Salzburg. Die Notitia Arnonis wurde von Karl dem
Großen (damals noch König des Frankenreichs) bestätigt. 798 wurde Salzburg
in ein Erzbistum aufgewertet, 800 war Arno auch bei der Krönung Karls zum (römischen)
Kaiser anwesend. Er starb 821 in Salzburg.
Roßholzen wurde bereits in der Notitia Arnonis als Hrossulza
erwähnt, schon vorher gab es dort eine eigene Kirche, die erste am
Samerberg. Dennoch blieb Roßholzen relativ unbedeutend, die Gemeinde
soll anfangs sogar den Namen "Schilding" getragen haben. Der Ort selbst hatte
1843 neben dem Messner gerade mal 10 Einwohner.
Die heutige Kirche "St. Bartholomäus" wurde allerdings erst Ende des
15. Jahrhunderts errichtet und 1755 barockisiert.
Der Ort wurde erstmals um 1120 als "Tegirnwanch" und 1583 noch als "Tierwang"
erwähnt. Das -wang ist keltischen
Ursprungs und bedeutet "Wiese, Flur". Ansonsten könnte der Name vom
Vornamen "Terevi" oder auch vom Gott "T(h)or" abgeleitet sein. Um etwa 1840
hieß der Höhenzug mit Dandlberg und Samerberg noch Steinberg,
was heute nur für den kleinen Gipfel am Inntal gilt. Damals gab es auch
die Aussichtskapelle nicht, wohl aber an ebenfalls exponierter (gleicher?) Stelle
ein rundes "Sommerhaus" mit Blick zum Chiemsee.
Die Kirche "Mariä Himmelfahrt" wurde 1513 geweiht, 1726 barockisiert und
1924 neu ausgestattet. Die erste Kirche ist aber schon im 12. Jahrhundert
dokumentiert.
Kurz und schmerzlos: Früher "Grounpach" oder "Groanpach". Mitte des 12.
Jahrhunderts war ein Arnold de Grounpach Ministeriale des Herzogs Conrad von
Dachau und schenkte 1135 das Gut Brennbichl (Brennbühel oder noch älter
Frimpuole) dem Kloster Herrenchiemsee.
Die Kirche "St. Ägidius und Nikolaus" stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde
ebenfalls im 18. Jahrhundert barockisiert.
Der Name ist selbsterklärend, erstmals erwähnt wurde der Ort 1145 als
"Stainenchirchen". Ursprünglich handelte es sich um eine
Einöde mit einer Kirche.
Die heutige Kirche "St. Peter" wurde Ende des 15. Jahrhunderts neu erbaut und nach
einem Brand 1665 wieder hergerichtet.
Obwohl relativ klein, wird auch Weickersing im 12. Jahrhunder mehrfach als "Wihegozzingen", "Wicozzingen" oder "Wiegozingen" erwähnt.
In der Notitia Arnonis wurden die Orte "Rordorf", "Lutrinpah" und "Huinmos", also Rohrdorf, Lauterbach und Höhenmoos genannt. Es gab um 1557 noch zwei Schlösser im Ort, das derer vor Rordorf (kurz zuvor ausgestorben) und das der Bschächel. Eines davon soll etwa im Bereich des heutigen Hotel zur Post gestanden haben - natürlich waren solche Edelsitze keine Prunkschlösser. Auch in Lauterbach und Höhenmoos hatten die Adeligen entsprechende Bauten. Sowohl diese als auch die zugehörigen Familien sind aber längst verschwunden.
Hier gibt es wieder zwei Deutungen. Die Gemeinde selbst geht ganz einfach vom
Wort "Nuss" aus. Es gibt in Nußdorf auch auffallend viele Walnüsse.
Die gleiche Erklärung liefert auch Nußdorf (Chiemgau) im Kreis
Traunstein.
Es gibt aber auch die Herleitung von der römischen Wassergöttin Nusa,
angeblich stand zu römischer Zeit bereits ein Tempel für sie am Ort
der heutigen Filialkirche St. Leonhard.
"Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, Band 4" ist allerdings
die einzige Primärquelle für eine römische Wassergöttin dieses
Namens, die ich finden konnte - und da wiederum steht, dass die Nüsse hier
weder besser noch häufiger seien.
Die erste Erwähnung beider Nußdorf ist als "Nuzdorf" aus der
Notitia Arnonis.
Hintergrund: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte
Der ⇒ Historische Verein von Oberbayern
veröffentlicht seit 1838 das "Oberbayerische Archiv für vaterländische Geschichte",
seit 1959 unter dem Namen "Oberbayerisches Archiv". In Band 4 aus dem Jahre 1843 findet sich
der Artikel "Chronik von Brannenburg und den nächsten Orten der Umgebung" von Sebastian
Dachauer, aus dem ich auch einige Informationen gezogen habe. Das Werk ist im Internet frei
zugänglich, z. B. über ⇒ Google Books oder direkt über die
⇒ Bayerische Staatsbibliothek, die auch Eigentümerin der Vorlage ist.
Obwohl die Gemeinde Neu-Beuern heißt, ist doch Altenbeuern bereits in der
Notitia Arnonis genannt. "Nevenbaevren" taucht erst ab dem 13.
Jahrhundert auf. Das "Neven" kommt vom mittelhochdeutschen "Niuwe" (im
Niederländischen als "nieuwe" erhalten), der Rest ist das Plural von
althochdeutsch "puri", was Hütte oder Häuschen bedeutet.
Das Schloss Neubeuern hat eine wechselvolle Geschichte. Gehörte die
ursprüngliche Burg nach der
Erbauung im 12. Jahrhundert zunächst dem Bischof von Regensburg, so hatte
sie der Graf von Wasserburg im 13. Jahrhundert in Verwaltung. Damals soll sie
zur stärksten Burg des Inntals ausgebaut worden sein. 1388 wurde sie an
Ritter Hartprecht Harskircher auf Zangberg (heute Kreis Mühldorf am Inn)
verkauft. Er erreichte 1393 für Neubeuern das Marktreicht, verkaufte aber
1400 weiter an Wolfhart von Alben zu Teubenbach und 1403 an Jakob von Thurn. Die von Thurn
sind in der männlichen Linie mit Freiherrn Georg von Thurn 1632 ausgestorben.
Hintergrund: Das Geschlecht von Thurn
Diese sind nicht verwandt mit den aus Italien stammenden von Thurn und Taxis, die
diesen Namenbestandteil überhaupt erst seit 1650 tragen und auf die Torriani
(della Torre) aus Mailand bezogen. Die Neubeurer von Thurn waren
ein Salzburger Ministerialengeschlecht. Zu diesen gehört Sankt Jakob am Thurn, Ortsteil
von Puch bei Hallein.
Durch die Vererbung an die drei Töchter zersplitterten die Neubeurer Besitzungen zunächst, aber zwischen 1674 und 1749 (!) übernahmen die Grafen von Preysing-Hohenaschau Neubeuern nach und nach vollständig.
Hintergrund: Die Grafen von Preysing
Die Grafen von Preysing lebten bereits vor 1100 in Hessen, kamen aber nach Bayern
und hatten in verschiedenen Linien Besitzungen bis hoch
nach Amberg. Einige der Linien des Geschlechts starben später aus, andere
leben noch heute. Relativ bekannt wurde z. B. Johann Konrad Augustin Maria
Felix Kardinal Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos, im 2. Weltkrieg als klarer
NS-Gegner Bischof von Berlin.
Die Burg wurde allerdings bereits im Österreichischen Erbfolgekrieg von den
ungarischen Truppen Maria Theresias zerstört. Johann Maximilian IV. von
Preysing-Hohenaschau ließ an der Stelle dafür das Schloss erbauen,
das bis heute steht.
1882 kaufte Jan Wendelstadt, Sohn der niederländischen Adeligen Alberta
Walkart Wendelstadt und des darmstädter Bankiers Ferdinand Wendelstadt, das
Schloss. 1893 heiratete dieser Julie Gräfin von Degenfeld-Schonburg, im gleichen
Jahr wurde der Ostteil des Schlosses nach einem Brand renoviert. Der Mittelteil
wurde 1904 bis 1908 neu errichtet. Nach dem Tod ihres Mannes umgab sich die Witwe
mit bekannten Künstlern. Später diente das Schloss als Lazarett. Aus
Kostengründen wurde im Schloss zum 5. Mai 1923 schließlich ein
Internat eingerichtet, das - wegen "politischer Unzuverlässigkeit" 1941
geschlossen - eine "Nationalpolitische Erziehungsanstalt" wurde. Die Baronin
verkaufte darum 1942 an das Deutsche Reich. Nach einer weitern Phase als Lazarett wurde
nach Kriegsschluss zunächst dieser Verkaufsvorgang für ungültig
erklärt und das Schloss dann in eine Stiftung eingebracht, die als
"Stiftung Landerziehungsheim Neubeuern" heute das Gymnasium und Internat betreibt.
Übrigens ist auch die südliche Nachbargemeinde Ebbs in Österreich mit einem Pferdenamen gesegnet. Der alte Name "ad Episas" ist lateinisch-keltisch nach der keltischen Pferdegöttin Epona und bedeutet deshalb "Am Rossbach". Die erste Nennung ist ebenfalls aus der Notitia Arnonis.
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